Bei Hypomanie und beginnender Manie:
Eine Uhrzeit fest vornehmen, wann man zum Schlafen ins Bett geht (z.B. 22 Uhr)
Angenehme Tätigkeiten und aktuelle, als besonders wichtig empfundene Projekte, begrenzen (Wecker, auf eine oder zwei Stunden)
Kreditkarte daheim lassen
Am PC gibt es auch einen Ausschaltknopf
Sich zur Ruhe zwingen
Fest vornehmen, andere (Partner, Kinder, ...) nicht zu vernachlässigen
Kein Alkohol, keine sonstigen Drogen
Medikamente auf keinem Fall absetzen (weil man sich großartig fühlt, vollkommen gesundet, sie vergisst, ...)
Dem Arzt maniforme Warnhinweise mitteilen
eigene ... persönlich wirksame ...
Volker, 23 Jahre, Rapid Cycler (Schneller Phasenwechsler), benennt folgende Hilfsstrategien:
1. Punkt: Schlaf!
7 bis 8 Stunden sind bei ihm Standard. Er beobachtet sich selbst, schafft sich Struktur, Auszeiten inklusive. Auf Klassenfahrten nimmt er Ohrenstöpsel mit, so bekommt er auch im Achtbettzimmer Ruhe.
Er trinkt auch mal Alkohol, aber in Maßen.
Und wenn er die Gefahr einer neuen Episode sieht, dosiert er sein Medikament kurzzeitig hoch, "schießt sich für zwei Tage ab. Besser als zwei Wochen aufgekratzt und einen Monat Depression".
(Erstdiagnose ADHS, 2001 nach Suizid des Vaters Schulabbruch, Privatschule, dort erste manisch-psychotische Episode, Kompensationsversuche mit Alkohol und Cannabis, stieß im Internet auf die DGBS-Homepage: "Da hat es 'Klick' gemacht: Das habe ich!", Arzt glaubt ihm nicht, verschreibt im hochpsychotischen Zustand Ritalin, es folgte "ein Mordschaos", zwischen 2004 und 2006 fünf stationäre Aufenthalte, Mischzustände, Cannabis, Alkohol, Tabletten, zwei Mal in der Notaufnahme wegen vermuteter Suizidversuche, eine Selbsthilfegruppe und ein Arzt brachten langsam Besserung, irgendwann fand er eine für ihn passende Medikamenteneinstellung)
- Nach: Früherkennung und Frühintervention bei bipolaren Störungen. Berichte und Interviews. 8. Jahrestagung Deutsche Gesellschaft für bipolare Störungen e.V. Dresden, S. 5
"’Kunst ist die höchste Form der Hoffnung’"
Das ist ein Ausspruch des berühmten Künstlers Gerhard Richter.
Er glaubt, dass sich Utopie, Sinn, Zukunft und Hoffnung beim Malen einstellen mögen, sozusagen unter der Hand, als etwas, das einem unterläuft. Sinn, Zukunft und Hoffnung- auch Utopie sind
wesentliche Qualitäten für ein erfülltes Leben. ...
Melancho Blumenbunt (1958) sagt über sich: "Ich versuche die gesamte Bandbreite meines Erlebens dazustellen: farbenfrohgemuter und grenzenloser Überschwang, Getriebenheit, Festkrallen an der
Balance unter Aufbietung aller Kräfte, Zerrissenheit und Abstürze. Das Dunkelwerden und Verstummen – eine lebensgefährliche Spirale abwärts".
Gemeinsam haben wir 2 gegensätzliche Bilder aus verschiedenen Krankheitsphasen ausgewählt:
1. "Engelsturz" (Aquarell)
Er malte es in einer konzentrierten, abgeklärten Stimmung nach einer manischen Phase und übermalte es häufig. Seine Idee dabei war: Ein Engel stürzt aus der überzogenen Buntheit in die Finsternis. Beim gemeinsamen Betrachten des Bildes finden
wir den Ausdruck der Zufriedenheit im Gesicht des Engels. Sein Blick scheint vorausschauend, als wolle er die Möglichkeiten und Gefahren auf dem Weg ausloten. Ob er
wirklich stürzt oder sich eher wie ein Schwimmer in der Luft bewegt, um sein Gleichgewicht zu finden?
Melancho Blumenbunts Gedicht hierzu:
Bin ich
Ich bin
Kein Engel
Doch
Im Himmel
Ab und zu
Der Sturz
Bodenlos
Höllische Qual
Doch
Kein Teufel
Bin ich
2. "Manieclown" (Aquarell)
Mit schnellem Pinselstrich, fast atemlos gemalt schaut uns ein scheinbar heiteres Gesicht an. Beim näheren Betrachten erkennt man
ein blaues Auge (Verletzung durch die Krankheit). Viele kleine Wesen sind in dem Gesicht versteckt: ein roter Adler, eine lila
Hexe, ein zerbrochener Fisch. Er beschreibt die Wirkung des Bildes heute so: zerrissen, schnell, auseinander fallend, unfassbar und verwischt.
Sein Gedicht hierzu:
Warum so traurig bunter Clown
Bist doch lustig anzuschaun
Was ist wenn ich verblasse
Und massig Federn lasse
Was ist, wenn ich zerfalle
Die Splitter schmerzen alle
Alle hier ausgestellten Bilder sind Seelenlandschaften, Abbilder von Gemütszuständen und damit Momentaufnahmen. Sie sind Ausschnitte aus einer
großen Lebensbewegung, die sich in verschiedensten Qualitäten äußert.
Monika Stoitzner und Melancho Blumenbunt machen Mut mit ihren Bildern, durch die gestalterische Möglichkeit mit Farbe zu einem eigenen, authentischen Ausdruck zu finden. Die
Bilder zeigen anschaulich Prozesse inneren Ringens mit der Krankheit, und Phasen der Verzweiflung. Aber sie zeigen auch Wege der Integration und der
Hoffnung auf Leben.“
Heidi Brennenstuhl