Eine Depression kann "leicht", mittelgradig oder schwer ausgeprägt sein.
Kriterien für eine Depression nach dem "Diagnostical and Statistical Manual of Mental Disease" (DSM-IV)
A. Fünf (oder mehr) der folgenden Symptome sind während oder über zwei Wochen vorhanden und bedeuten einen Wechsel von früheren Tätigkeiten.
B. Die Symptome treffen nicht zusammen mit den Kriterien für eine gemischte Phase.
C. Die Symptome verursachen klinisch bedeutsame Schmerzen oder eine Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Aufgabengebieten.
D. Die Symptome beruhen nicht auf einem direkten physiologischen Effekt einer Substanz (z. B. einem Drogenmissbrauch, einer Medikation) oder einer generellen medizinischen Verfassung (z. B. Überfunktion der Schilddrüse)
E. Die Symptome werden hervorgerufen durch Trauerfälle, z. B. dem Verlust einer geliebten Person. Die Symptome dauern länger als 2 Monate oder sind durch eine ausgeprägte funktionale Beeinträchtigung gekennzeichnet, krankhafte Beschäftigung mit Wertlosigkeit, Suizidgedanken, psychotischen Symptomen oder psychomotorischer Verlangsamung.
Eine depressive Episode kann leicht oder mittelgradig (F32.1) mit oder ohne somatische (= körperliche) Symptome verlaufen, sowie in eine schwere depressive Episode mit oder ohne psychotische Symptome eingeteilt werden.
1. Es gibt Hauptsymptome, das sind:
depressive Stimmung, Verlust von Interesse und Freude, Antriebsmangel.
2. Und es gibt Zusatzsymptome das sind:
Verlust des Selbstwertgefühls, Selbstvorwürfe, Schuldgefühle, Todes- und Suizidgedanken, suizidales Verhalten, vermindertes Denk- und Konzentrationsvermögen, Unentschlossenheit, psychomotorische
Agitiertheit oder Hemmung, Schlafstörungen, Appetitstörungen.
Episodeneinteilung:
· leicht (zwei Haupt- und ein bis zwei zusätzliche Symptome)
· mittel (zwei Haupt- und mindestens drei zusätzliche Symptome)
· schwer (drei Haupt- und mehrere zusätzliche Symptome)
Im Unterschied zu allgemeinen Stimmungsschwankungen kann bei bipolaren Störungen das Zeitgefühl verloren gehen.
Die Depression erscheint ewig und unausweichlich, war immer so und wird immer so sein: Entsprechend ist die Verzweiflung unendlich. Die Zeit kann
quälend langsam vergehen. Die Manie wird erlebt als Quell unerschöpflicher Energien: Entsprechend werden Selbstüberschätzung und Risikoverhalten
grenzenlos. Die Zeit rast dahin, man kann gar nicht alles in ihr unterbringen. Schlaf ist verlorene Zeit.
Die reale Phasenhaftigkeit der Erkrankung kann nicht wahrgenommen werden, wie man auch Schwierigkeiten mit der Realität haben kann. Manchmal erinnert man sich nicht mehr an schöne Zeiten (in der Depression) oder an vorherige schlechte Erfahrungen in einer Manie oder an das, was man in der Manie gesagt und getan hat (nach einer Manie).
Obere Reihe, links: Vincent Willem van Gogh, rechts: Edvard Munch
Darunter: Monika Stoitzner, Nürtingen
Darunter: Melancho Blumenbunt, Nürtingen.
Untere Reihe: Karl Gerber, Nürtingen
Vor drei Jahren – ich hatte bereits zweieinhalb Jahre als Krankenschwester in der Psychiatrie gearbeitet – begann das Leid: Rückzug. Verlust der Sprache.
Und ich kündigte meine Arbeit trotz der Freude mit den Patientinnen und dem Team der Station 4.
Meine besondere Liebe galt damals Menschen mit bipolaren Störungen und Psychotikern. Depressive Patienten waren mir eher anstrengend.
Danach litt ich heimlich, etwas unbemerkt von meiner Umwelt. Die Depression nahm täglich zu. Freunde begleiteten mich rührend.
Nach einem halben Jahr der Schwere beschloss ich die mir geliebte Erde zu verlassen, nicht ohne an meine Eltern, Freunde, Kinder, meinen Mann zu denken. Doch ich war mir sicher, dass ich all den lieben Menschen mehr helfen kann aus einer höheren Warte der göttlich geistigen Welt. So nahm ich zwei Riegel meines Antidepressivums Cipramil, rauchte die letzte Zigarette, und legte mich ins Bett.
Wachte auf nach drei Tagen auf der Intensivstation des Nürtinger Krankenhauses. Fast wäre es nötig gewesen mich zu dialysieren. Doch die Werte wurden besser. Als ich erwachte standen zwei Herren vor mir: der Chefarzt und mein Mann.
Ich erwachte gerne ...
Man übergab mich der geschlossenen Station mit sechs Wochen keinem Ausgang. Vier Monate war ich dann dort, zum Ende hin wurde es mir schlechter. Dabei spielte sicher
der Anfang zu Hause eine Rolle ...
Zu Hause angekommen halfen mir meine Freundinnen sehr, wieder in den Alltag zu kommen. Etwa ein halbes Jahr ging alles gut, bis ich meine Idee meiner Ich-AG (häusliche Pflege) nicht umsetzen konnte, Angst verspürte.
Mein Nervenarzt empfahl mir die Tagesklinik „Im Schlößle“, unweit von meinem Wohnort. Von 9 bis 16 Uhr konnte ich Therapie machen in einer Gruppe mit sieben bis acht Patienten, Gruppentherapie, Malen, Ergotherapie, Außenaktivitäten, Singen, Trommeln und später Arbeitstherapie. Begleitet von Dr. Mensen, der Krankenschwester Frau Müller, der Maltherapeutin Frau Schubert und dem Sozialtherapeuten Herrn Kaufmann.
Lange habe ich gebraucht, etwa drei Monate, bis ich aus der eisigen Isolation heraus kam.
Ich fand wieder Worte für mich und die Anderen. Und fühlte mich besonders geborgen mit Mario, meinen Mitpatienten. Ich erkor ihn zu meinem zweiten Wahlbruder und als Abschiedsgeschenk gab ich ihm eine Postkarte mit der viermaligen Einladung zum Mittagessen. Ihm ging es bei der Entlassung noch nicht so gut, doch die Krankenkasse hatte entschieden, dass es reiche. Wir haben uns nicht aus den Augen verloren, was uns beiden unsagbar gut tat.
Nach einem halben Jahr der Besserung kam erneut eine Depression ...
Sechs Wochen habe ich gebraucht, um diesen Alp zu begreifen.
Wieder legte sich eisige Kälte in der Wohnung nieder ... Es ließ mich wieder fallen in unbekannte Tiefe. Erneuter Aufenthalt in der Tagesklinik.
Nach vier Wochen Verlegung ins Christophsbad, Station 4 - Depressionsstation.
Nach etwa fünf Wochen sehe ich neuen Zielen entgegen, liebe die Musiktherapie von Frau Schradi, die Ergotherapie von Frau Seebald und das bunte Zusammensein mit meinen Mitpatienten, die gute Atmosphäre des Teams, die vielen Besuche, vor allem von Christina, den Kindern, und ... – meinem guten Freund Mario.
Susanne Diebold, Nürtingen (alle Namen der Patienten geändert), 27. Januar 2008